Mittwoch, 18. Mai 2011

Der Vizekönig von Neapel

©Sarah-Maria
Der „Vizekönig von Neapel“ wurde Domenico Barbaja (1778-1841) in seiner Blütezeit gar genannt. Er war seinerzeit der Drahtzieher der gesamten Opernszene im Dunstkreis zwischen Neapel, Mailand und Wien. Dies hatte er nicht zuletzt seinem legendären Instinkt zu verdanken, der etlichen, heute unvergessenen Musikgrößen, zu ihrem Ruhm verhalf. Darunter z.B. Rossini, Bellini, Donizetti oder auch Weber. Zudem pflegte er Verbindungen zu dem jungen Verdi.

Sein Einfluss ist ihm aber keinesfalls in den Schoß gefallen, sondern er hat sich buchstäblich vom Tellerwäscher zum Millionär hochgearbeitet. Schon in seiner Zeit als Kellner zeigte er geschäftliches Geschick: auf ihn soll die „granita di caffè“ zurückgehen. Damals bekannt als Barbaiata: eine Mischung aus Schokolade oder Kaffee mit Sahne.

Später war er Inhaber einer Spielbank und nutze das gesellschaftliche Event einer Opernaufführung sehr geschickt. Denn anders als heute, war es damals üblich während der Aufführungen Geschäfte abzuwickeln, den neusten Tratsch und Klatsch auszutauschen und diverse Liebschaften zu pflegen. Zudem tummelten sich in den Theatern auch Kurtisanen wie z.B. Marie Duplessis (das Vorbild zu Verdis Violetta/La Traviata), die nach neuen, reichen Liebhabern Ausschau hielten. In ihrem Fall gehörten prominente Vertreter wie Alexandre Dumas d. J. (der später die Romanvorlage zu Verdis Oper schrieb) oder Franz Liszt zu ihren Liebhabern. Außerdem spielte das Glücksspiel eine nicht zu unterschätzende Rolle in den Opernhäusern. Es gab etliche Bankiers, die sehr hohe Summen an die Theaterkasse zahlten und während der Aufführungen lukrative Geschäfte machten. Domenico Barbaja nutzte dies und ließ im Foyer der Mailänder Scala kurzerhand Spieltische aufstellen, an denen er – man kann es sich denken – äußerst gut verdiente.

Als im Februar 1816 das weltbedeutende und damals zugleich größte Opernhaus Italiens – das Teatro San Carlo in Neapel – durch einen Brand zu großen Teilen zerstört wurde, finanzierte Barbaja den Wiederaufbau – natürlich mit seinem eigenen Bauunternehmen. Der beauftragte Architekt Antonio Niccolini konnte das Gebäude bis zum August desselben Jahres fertig stellen und das Opernhaus baute in den folgenden Jahren seinen Einfluss in der Musikwelt weiter aus. Es verfügte schon damals neben hervorragenden Sängern auch über ein sehr gutes Orchester – dies war zu dieser Zeit nicht selbstverständlich, weil dem Orchester oftmals keine allzu große Bedeutung beigemessen wurde.

Quellen:
Batta, A. (Hrsg.): Opera – Komponisten, Werke, Interpreten. Köln: Könemann Verlagsgesellschaft mbH, 1999.
Der Brockhaus: Oper. Gütersloh: Brockhaus in der Wissenmedia, 2002.