Ich
war verwirrt – und bin es noch. Denn den gestrigen Abend fand ich, vorsichtig
ausgedrückt, katastrophal. Doch mit dieser Ansicht befand ich mich, zusammen
mit meinen beiden Mitstreitern, in der absoluten Minderheit. Denn die Premiere
von Aubers Bronzenem Pferd wurde rundum vom Publikum bejubelt.
Vorweg
erstmal: es war meine erste Auber-Oper. Als Fazit kann ich festhalten, dass er zwar
nicht mein Lieblingskomponist wird, ich aber das Stück an und für sich durchaus
sehenswert fand. Soweit das unter den gebotenen Umständen zu beurteilen war.
Denn zunächst einmal hat die Komische Oper, wie sie das stets mit nicht-deutschen
Texten zu tun pflegt, das Libretto von Eugène Scribe verhunzt, indem sie es ins Deutsche übersetzen ließ. Ich erinnere mich da z.B.
(leider) noch sehr gut an einen Rigoletto-Besuch 2009, als der Rigoletto anstatt aus voller Schicksalswut ein
ordentliches und voluminöses „Assassini“ hinauszusonoren, nur ein
klägliches, irisch akzentuiertes „Ihr fiesen Hüüüüüühhhhhnde“ hervorbrachte. Und
gestern war’s so ähnlich. Jedenfalls vermute ich das in Anbetracht der
zahlreichen nicht gerade wohlklingenden, ins Deutsche gepresste Passagen.
Ich
habe also versucht mich nur auf die Musik zu konzentrieren und den
Libretto-Mord soweit es irgend ging auszublenden, doch das wurde einem nicht
gerade einfach gemacht. Denn die Sänger waren echt nicht gut – um genau zu sein
würde ich einigen sogar nachsagen, dass sie auf dem berühmten „Nicht mal auf
Stadttheater-Niveau“ gesungen haben. Es gab zahlreiche schiefliegende Töne,
eiernde Koloraturen und zudem extrem dünne, völlig uninteressante Stimmen. Die
Auflistung der Namen spare ich mir an dieser Stelle einmal, denn auch wenn’s echt
nicht meins war, möchte ich, als Laie, auch niemanden völlig diffamieren. Wen
die Besetzung genauer interessiert, kann auf der Homepage der Komischen Oper
nachsehen.
Dennoch
möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass der Mezzosopran von Annelie Sophie
Müller (Pe-Ki) mir wirklich gut gefallen hat. Ich hatte anfänglich vermutet,
dass es sich bei ihr um eine Alt-Stimme handelt, weil sie mit vollem Einsatz in
die Tiefen greifen konnte. Sie ist Mitglied im jungen Opernstudio und recht
kurzfristig im Sänger-Ensemble dieser Produktion aufgenommen worden - wie auf
der Premierenfeier mitgeteilt wurde. Von ihr würden mich durchaus weitere
Interpretationen interessieren. Und auch Erika Roos als Tao-Jin führte die
Negativ-Liste keinesfalls an. Ihre Koloraturen saßen zwar nicht immer – aber an
einigen Stellen durchaus. Zum Dirigat von Maurizio Barbacini fällt es mir schwer mich zu äußern, da mir wie gesagt die Oper vorher unbekannt war.
Auf
der Negativ-Seite stand für mich jedoch ebenfalls die Regie von Frank Hilbrich.
Ich konnte da kein wirkliches Konzept erkennen. Damit ihr überhaupt eine Idee
bekommen könnt, was ich meine, erkläre ich mal kurz die Handlung, die, wie ich
vermute, eher wenige kennen: Es gibt, wie so oft, diverse Liebespaare. Das eine ist verheiratet, kann sich aber nicht riechen; ein anderes soll verheiratet
werden, ist aber zu 50% ganz und gar nicht begeistert von dieser Idee und einem wieder anderem ist die Herzensdame/ der Göttergatte im Traum erschienen. Im Mittelpunkt dieser
Wirrungen steht ein bronzenes Pferd, dass seine Reiter auf die Venus befördert.
Dort gilt es 24h allen weiblichen Verlockungen zu wiederstehen. Gelingt dies
nicht, werden die Herren umgehend wieder auf die Erde geschickt. Dort dürfen
sie niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen über ihre Reise erzählen, sonst
werden sie zu Stein. Pe-Ki, die, um sich vor ihrem Verlobten zu verstecken, in
Männerkluft steckt und ihren versteinerten Liebsten ins Leben zurückholen will,
geht auf die Reise. Wiedersteht – freilich. Bekommt so das zauberbrechende
Armband und erlöst alle.
Hilbrich
wollte offensichtlich in seiner Regie das Triebhafte (nicht mal 24h schaffen
die männlichen Protagonisten durchzuhalten) integrieren. Um dies zu visualisieren
hat er mit Affen genervt, die stets fickend und rammelnd über die Bühne
hüpften. Am Ende rammelte dann der Chor und die Affen wurden zu Menschen, die
schließlich zu Stein wurden. Irgendwie passt dieser Gedankengang in meinen
Augen nicht: Denn wenn es um’s Treibhafte im Sinne von tierischer Sexualität
ohne Vernunft und gesellschaftlicher Schranken geht, dann müssten doch gerade
diejenigen, die oben auf der Venus keine drei Minuten durchstehen zu Tieren
oder sonst was werden, aber doch nicht zu frigidem Stein. Außerdem endet die
Erlösung von der Versteinerung im Libretto ja eben nicht darin, dass die Protagonisten
eine Orgie feiern, sondern sich monogame Paare bilden. Macht für mich irgendwie
alles keinen Sinn. Und zudem wurden die stückimmanenten Gags in der Regel auch
noch im karnevalsstyle dargeboten. Hat nur noch gefehlt, dass anschließend
jedesmal einer „Tata-Tata-Tata“ geleiert hat. Ich fand’s irgendwas zwischen
albern und peinlich - aber niemals komisch.
Schade.
Ich hatte mich wirklich auf meine erste Auber-Oper gefreut und finde es traurig,
dass ich mit so einem Eindruck nach Hause ging.